Von Eidechsen, Kröten und Schlangen:
Die "Veitskapelle" - Friedhofskapelle des Hl. Veit und Hl. Michael in Schwaz
Die nach außen klein wirkende Kapelle liegt im nördlichen Teil der Anlage rund um die Pfarrkirche Schwaz zwischen dem alten Glockenturm und dem Eingang zur Franz-Josef-Straße, eingebaut in die alte Friedhofsmauer. Sie wurde von dem aus Innsbruck zugewanderten Baumeister Christoph Reichartinger zwischen 1504 bis 1506 im Stil der Spätgotik erbaut und befindet sich über der Aufbahrungskapelle St. Michael im oberen Stock. Über eine geschwungene Steintreppe gelangt man zum Kirchenraum.
An der Außenwand finden sich Hinweise auf die "Zeit der Knappen und des Silbers" durch das eingemauerte Wappen der Bergleute über einer Seitentür der Kapelle. Hohlrippen und sich im Torbogen über der Mitte kreuzende Rippen waren für diesen Baumeister typisch. Es war das zuletzt gebaute Gebäude der Anlage rund um die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt.



Weitere Hinweise auf die Bergarbeiter (Knappen), die hauptsächlich das Geld für den Bau beschafften, sind die rechts und links über der Tür eingemauerten "Handsteine", die die Knappen aus dem Bergwerk mitbrachten.


Entlang einer geschwungenen Steintreppe gelangt man in den oberen Kapellenraum, der mit einer schön verzierten Holztür versehen ist. Die kunstvollen Schlosserarbeiten wurden von einheimischen Handwerkern angefertigt. Das größte Schloss in Form einer Axt schließt mit Lilien und Tierköpfen als Verzierung ab. Lilien waren ein Zeichen für die Unbeflecktheit und auch ein Symbol für die Hl. Barbara (der Schutzheiligen der Bergleute)


Entlang des Handlaufs der Stiege befinden sich 3 Tiere, die wiederum ihre eigene Bedeutung haben. Sie galten als "Tiere aus der Dunkelheit", also eher nicht-weltliche Kreaturen, die eine besondere Bedeutung für die Menschen hatten und Mystik, aber auch Heilkraft in sich trugen.
So half das Berühren der Eidechse den Eintritt ins Licht, also in den Himmel zu erleichtern. Die Kröte sollte man bei der Geburt eines Kindes festhalten. Sie vermittelte Eigenschaften wie Glück, Reinheit, Wiedergeburt, Erneuerung und Fruchtbarkeit. Die Schlange galt als Zeichen für die Versuchung und symbolisierte die Erbsünde durch Adam und Eva.




Das Prunkstück der Veitskapelle bildet der fast vollständig erhaltene spätgotische Flügelaltar von Christoph Scheller aus Memmingen, im Stile des berühmten Bildhauers Veit Stoss - um 1511 urkundlich erwähnt. Im rechten inneren Flügel sieht man den Hl. Veit, der von seinem Vater geschlagen wird, weil der ihn vom christlichen Glauben abbringen wollte. Er wird auch als mittlere Zentralfigur dargestellt, mit einem Ölkessel in der Hand und einem Palmwedel. Das ist das Zeichen der Märtyrer.



Der Hl. Stephanus, der Hl. Veit (Vitus) und die Hl. Afra füllen den Innenraum des Schreins, der damals nur an bestimmten Feiertagen geöffnet wurde. Heute durften wir sogar einmal den rechten Flügel schließen, der mit den 14 Nothelfern bemalt ist.
Die Rückseite des Altars ist ebenfalls kunstvoll bemalt und man kann um den Altar herumgehen.



Unten in der Mitte befindet sich der Hl. Bricius (Bischof von Tours - Nachfolger von St. Nikolaus): Er bekam mit einer Nonne in seinem Kloster ein Kind und musste in seinem Mantel glühende Kohlen zum Grab des heiligen Martin nach Tours tragen. Sein Mantel blieb zwar unbeschädigt, aber seine Leute glaubten ihm nicht und er musste Tours verlassen, weil er sonst von ihnen gesteinigt worden wäre. In seinem Mantel sieht man die glühenden Kohlen im Feuer und das kleine Kind (rechts unten).
Im linken Flügel wird der ein Mann beim Übergießen mit Pech, sitzend in einem Kessel, dargestellt.
Rechts außen ist der Heilige Sebastian zu sehen. Es gab damals auch eine Sebastianus-Bruderschaft - wie in meiner Heimatgemeinde in Deutschland.



Seitlich des Flügelaltars befinden sich Fresken mit Engeln, die allerlei harfenähnliche Instrumente spielen. An die Decke wurde die Kreuzrippenstruktur originalgetreu wieder angebracht. Im Mittelteil befindet sich ein Loch, durch das der Heilige Geist entschwinden konnte und rundum singt und spielt wieder eine Engelschar. Das einzige erhaltene Originalteil ist der blaue, aufgesetzte Ring.



Eine wunderbare Kirche, die man gesehen haben sollte!
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